Dieses spannende Thema fesselte die Zuhörer im Europa-Haus in Hammelburg. Der Referent an diesem Nachmittag, Ulrich Rümenapp, ist Historiker und unterrichtet an der Bildungs- und Begegnungsstätte Heiligenhof in Bad Kissingen. Diese Bildungseinrichtung ist seit ihrer Gründung  1952 auf das östliche Europa ausgerichtet und pflegt dorthin Kontakte.

Seit dem 24. Februar 2022  befindet sich die Ukraine im Krieg mit Russland. Ein erschöpftes Land. Abhängig von  gewaltigen Zahlungen anderer Länder, um als Staat seine Handlungsfähigkeit auch im Krieg zu erhalten. Ein wirtschaftlich schwaches  Land das den globalen Marktmächten, nicht standhalten kann.

Für Europa eine Herausforderung um auch dieses Land nach einem Friedensschluss mitzunehmen in eine europäische Zukunft. Noch ist kein Frieden in Sicht. Zerstörung und Sterben gehen weiter. Europa denkt dennoch darüber hinaus, denkt ohne Beschönigung der tatsächlichen Gegebenheiten. Schafft  sich eine europäische Vision. Die Ukraine gehört in die europäische Völkerfamilie.

Verständlich, dass sich die Ukraine, dieses geschundene Land um die Aufnahme in die Europäische Gemeinschaft bemüht. Am Februar 2022 stellte der ukrainische Präsident Selenskyj ein offizielles Beitrittsgesuch. Im Juni 2022 sprach bereits die Europäische Kommission ihre Empfehlung für einen EU-Beitritt aus, resümierte Ulrich Rümenapp.

Tatsächlich wurde der Ukraine  von Brüssel der Status eines Beitrittskandidaten zugebilligt. Wissend, dieses Land befindet im Krieg und noch  weit entfernt um die Aufnahmekriterien zu erfüllen. Das Land hat damit eine Perspektive, schöpft Hoffnung, dass sich alles zum Guten wendet.  Dies allein ist von hoher politischer und psychologischer  Bedeutung für vierzig Millionen Ukrainer.

Welche Kriterien sind von der Ukraine zu erfüllen sind um in den Kreis der EU-Länder aufgenommen zu werden?

Die sogenannte „Kopenhagener Kriterien“  legen seit 1993 fest:

  1. Wahrung der Menschenrechte
  2. Institutionelle Stabilität als Garantie für demokratische und rechtsstaatliche Ordnung
  3. Achtung und Schutz von Minderheiten

Und da liegt der Hase im Pfeffer. Es wird Jahre dauern, bis die Ukraine die Beitrittskriterien erfüllen kann, sagte Ulrich Rümenapp . Ein Umbau in den Köpfen der Menschen und der etablierten Strukturen in Staat und Wirtschaft,  ist ein Prozess der seine Zeit braucht.  Oligarchentum und Korruption vertragen sich nicht mit europäischen Werten.

Augen zu und durch? Diese Einstellungen verkennt die Wirklichkeit. Die EU ist nicht das Sozialamt für schwache Länder. Die Kernländer der EU müssen ihre eigenen Volkswirtschaften gesund erhalten und keine Verarmung zulassen. Erst dann ist Hilfe für andere Staaten möglich. Die Beitrittskriterien sind keine Schikane, sondern in sich stimmig und dienen dem Selbstschutz der einzelnen EU-Staaten. Für die Ukraine selbst Ansporn ihr Land demokratiefähig zu machen.

Die Wahrheit ist, die Ukraine ist flächenmäßig eines der größten europäischen Länder zugleich das ärmste. Im Ranking um das Bruttoinlandsprodukt, dem BIP, steht die Ukraine in Europa an letzter Stelle. Die Aufnahme soll eine strategisches Ziel sein. Der Weg dorthin ist noch sehr lang und steinig. In bester Absicht und auf Hoffnung hin, hat die EU-Kommission die Aufnahme von Verhandlungen empfohlen. Die neuen Beistandsgarantieren der Regierung Scholz eine enorme Verpflichtung für Deutschland die Ukraine auf Jahre und Jahrzehnte hinaus zu unterstützen.

Die Ukraine ist reich an Rohstoffen, vor allem in der Donbas-Region. Es sind international operierende  Unternehmen die sich die Ausbeute gesichert haben. Im Donbas befinden sich große Steinkohlelagerstätten. Dort war ein Zentrum der Schwerindustrie zu Sowjetzeiten. Riesige Anbauflächen für Getreide in den Ebenen sind ein Aktivposten für die Ukraine und ihre Volkswirtschaft.

Dieter Galm als Moderator an diesem Tag dankte Ulrich Rümenapp für die Weitergabe seines Expertenwissens an den Zuhörerkreis. Bewusst hat der Referent die militärische Bewertung ausgelassen. Dafür jedoch vor dem geschichtlichen Hintergrund das nach vorn gestellt, was diesen jungen Staat den es erst seit 1918 gibt, ausmacht.

Riesige Landflächen sind für den Anbau von Getreide liefern höchste Erträge. Die Welt hungert und die Welt braucht Brot. Die Ukraine braucht den Frieden und Mittel zur Daseinssicherung eines Staates der eine starke Spannung zwischen westlichen und östlichen Landesteilen aushalten muss.

Dieter Galm 24.02.24