Mitglieder und Freunde der Europa-Union Hammelburg gehen bekanntlich häufig gemeinsam auf Studienreise. Vielleicht weniger bekannt ist, wie sich diese Art von Studienreise von den sonst üblichen Reisen unterscheidet. Die Europa-Union verbindet damit den Vereinszweck der größten demokratisch verfassten und lokal verwurzelten überparteilichen Bürgerinitiative auf europäischem Boden: Die Zukunft Europas gemeinsam gestalten – Mitwirken am Europa der Bürger.
Dazu sollte man natürlich auch Europa kennen. Nicht die Touristenversion, sondern möglichst den Alltag mit Informationen aus erster Hand. Das gelingt nur mit den richtigen Kontakten.
Kürzlich begab sich eine fast 50-köpfige Gruppe auf den Weg um in der Region Nouvelle-Aquitaine, die es in dieser Form erst seit 2016 gibt, zu erkunden. Aber eine Region von der Größe Bayerns in ein paar Tagen zu erkunden wäre eher eine asiatische Form des Kennenlernens. So beschränkte man sich im Département Gironde auf den Raum von Toulouse, Bordeaux Métropole, Haute Medoc und die Gegend um Arcachon und St. Emillion.
Auf Grund einer Initiative von Klaus Erm und der Kontaktaufnahme durch den Reiseleiter Dieter Lotze und der Vorsitzenden Jocelyne Nicoly des Kreisverbandes Kitzingen wurde die Reisegruppe im Rathaus der Stadt Bordeaux empfangen. Erm stellte den Kreisverband Hammelburg als die mitgliederstärkste Organisation der Europa Union vor und zeigte die Beweggründe für Fahrten zu den europäischen Nachbarn auf. Wichtige Ziele der Studienfahrten sind die internationale Begegnung, das Kennenlernen der jeweiligen Kultur, die Förderung eines europäischen Wir-Gefühls, die Völkerverständigung und Toleranz.
Florence Forzy-Raffard, im Rat der Stadt Bordeaux zuständig für ausländische und europäische Angelegenheiten, stellte in einem ausführlichen Referat die Stadt und die fünftgrößte Metropolregion Frankreichs vor. Die Region umfasst 27 Kommunen mit insgesamt mehr als 600.000 Einwohnern. Die Stadt selbst erlebte in den letzten Jahren ein über den Prognosen liegendes Bevölkerungswachstum. Zahlreiche Unternehmen haben sich in den letzten Jahren in der Stadt und der Umgebung niedergelassen, darunter viele Start-Ups. Eine große Zukunftsaufgabe ist der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. Hierzu werden erhebliche finanzielle Mittel aufgewendet. Der internationale Flughafen gewinnt immer stärker an Bedeutung mit einer Zunahme der weltweiten Destinationen. Gleichzeitig kommt es Jahr für Jahr zu einem deutlichen Anstieg der kulturellen Events. Das ortsansässige Theater hat inzwischen nicht nur national sondern auch international einen guten Ruf. Frau Forzy-Raffard erläuterte noch die Geschichte des Rathauses und zahlreicher Sehenswürdigkeiten, ging auf die Geschichte der Region ein und erklärte die Rolle der Girondisten während der französischen Revolution.
Erm und das Auditorium hatten noch zahlreiche Fragen an die Ratsbeauftragte. Die Bedeutung des Weines und der Weinkultur, die Handelslogistik, die Arbeitslosenstatistik, der Komplex Jugendarbeitslosigkeit und auch der Umgang mit sozialen Brennpunkten waren Themen. Schließlich wollte der Diskussionsleiter noch wissen, was das Leben in Bordeaux für die Menschen lebenswert macht. Frau Forzy-Raffard antwortete, es sei die Tatsache, dass die Stadt sich zwar stetig weiter entwickle und trotzdem immer das Gleichgewicht von Bildungs- und Erziehungseinrichtungen, die Versorgung der arbeitenden Menschen und der Senioren gewahrt werden, die Lebensqualität der Menschen stetig verbessert würde. Die wichtigste Aufgabe des Rates sei es im Dienst des „citoyen“ zu stehen.
Stellvertretende Landrätin Monika Horcher warb für den Landkreis Bad Kissingen als Kur- und Urlaubsregion und überreichte als Grüße des Landkreises unter anderem einige Bildbände der Rhön und eine Einladung in das „Land der weiten Fernen“ mit seinen fünf Badekur-Orten.
Mit einem herzlichen „Danke schön“ für den gastfreundlichen Empfang und die interessante, aufschlussreiche Gesprächsrunde machte sich die Truppe auf zu einem weiteren Tagesziel der Studienreise, einem Weingut im Haute Medoc.