Anlässlich des Europa-Tages veranstaltete die Europa-Union Hammelburg eine hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion.

Um die Zukunft der Europäischen Union in Zeiten weltweiter Herausforderungen ging es am Samstag bei der hochkarätig besetzten Podiumsdiskussion, zu der der Hammelburger Kreisverband der Europa-Union anlässlich des Europa-Tages die Öffentlichkeit eingeladen hatte. Vom Wertekanon der EU über Wirtschaft, Sicherheit und Klima bis hin zur Migrationspolitik reichte die Themenpalette, die Moderator Reinhard Schaupp (Europa-Union) im Hinblick auf die anstehende Europawahl mit der Bundestagsabgeordneten Manuela Rottmann (Bündnis 90/Die Grünen), Christian Staat, Spitzenkandidat der CSU Unterfranken, der Europaparlamentarierin Kerstin Westphal ( SPD ) und Bezirkstagsvizepräsidentin Adelheid Zimmermann ( FDP ) besprach. Schaupp begann die Diskussion mit dem Problem des in manchen EU-Staaten zunehmenden Nationalismus‘, der dem Wertekanon der EU widerspreche. Als ein Problem sah Christian Staat, dass die EU zwar vor der Aufnahme von Ländern diese nach ihrem Wertekanon überprüft, doch nach deren Beitritt bei Verstößen kaum wirksame Rechtsmittel hat. „Europa ist kein Selbstbedienungsladen“, argumentierte er in Bezug auf die ungarische Regierung, deren Ministerpräsident Viktor Orbán zuvor von der CSU hofiert worden war. SPD-Parlamentarierin Kerstin Westphal versicherte prompt, dass ihre Fraktion im EU-Parlament „rigoros gegen Nationalisten vorgeht“.

Förderung von Projekt durch EU direkt

Nationalistische Regierungen in der EU zu halten, statt sie auszugrenzen, sah Manuela Rottmann eher positiv: „Die Einbindung in die EU sichert uns die Möglichkeit, Einfluss auf solche Mitgliedsländer nehmen zu können.“ Auf die Frage des Moderators, ob Verweigerung von Fördergeldern wirken könnten, zumal Länder wie Ungarn und Polen die größten Netto-Geldempfänger sind, reagierte Westphal ablehnend: „Damit treffen Sie die Bürger .“ Fördergelder würden nicht den Parteien, sondern bestimmten Projekten zugute kommen. Rottmann hielt dagegen, Fördergelder sollten nicht durch die Nationalstaaten, sondern direkt durch die EU verteilt werden.

Eine Erweiterung der EU um die Westbalkanstaaten hielt Adelheid Zimmermann „auf längere Zeit nicht für sinnvoll“. Die EU sei strukturell nicht ausreichend gefestigt. Zudem sollte die EU genauer auf eigene Standards achten – nicht nur politisch, sondern auch wirtschaftlich. Rottmann hielt dagegen Verhandlungen mit diesen Ländern für politisch hilfreich. Westphal würde nicht einmal „der Türkei die Tür zuschlagen“, da die Europäische Union „ein Garant für Frieden“ sei.

Flucht-Ursachen abstellen

Waren sich die Diskutanten in vielen Punkten einig, zeigte sich in der Migrationspolitik der stärkste Unterschied. Zur Frage, ob die Maghrebstaaten sowie Georgien und die Ukraine zu sicheren Herkunftsländern erklärt werden sollen, pochte Manuela Rottmann (Bündnis 90/Die Grünen) auf Artikel 16 des Grundgesetzes und forderte, statt sich über die Sicherheit von Herkunftsländern zu streiten, besser die Flucht-Ursachen in diesen Ländern abzustellen. Kerstin Westphal ( SPD ) unterstützte sie mit dem Zitat von Entwicklungsminister Gerd Müller ( CSU ): „Wenn man Milliarden für die Bankenrettung ausgibt, muss man auch Milliarden für die Entwicklungshilfe ausgeben.“ Adelheid Zimmermann ( FDP ) würde der Einordnung als sichere Herkunftsländer zustimmen. „Das verhindert doch nicht, dass Einzelpersonen den Artikel 16 für sich in Anspruch nehmen.“ Christian Staat ( CSU ) hatte keine Zweifel: „Wir machen doch in diesen Ländern Urlaub.“

Ein europäischer Staat?

Zur Zukunft der Europäischen Union und zur möglichen Bildung eines europäischen Staates befragt, meinte Christian Staat: „Wenn die EU etwas bayerischer würde, wäre es für Europa besser“. Zimmermann fehlte es noch an gemeinsamer Identifikation der Länder und Westphal sah die Dringlichkeit „anderer demokratischer Baustellen“, bis ein europäischer Staat gebildet werden kann. Kritisch rief ein Zuhörer dazwischen: „Wenn wir kein einheitliches Bewusstsein schaffen, wird die EU untergehen wie die Titanic.“

Abschließend unterzeichneten Hammelburgs Bürgermeister Armin Warmuth und Landrat Thomas Bold (beide CSU) einen Aufruf zur Europawahl. „Es muss unser Bestreben sein, die Bürger zur Wahl demokratischer Parteien zu bewegen“, meinte der Landrat. Schon in seiner Begrüßung hatte der Bürgermeister zuvor gesagt: „Es liegt an uns, für Europa zu werben.“

Text: Main-Post / Sigismund von Dobschütz; Fotos: Ernst Deier