Die Wahlen zum europäischen Parlament finden statt in einer weltpolitischen „Achsenzeit“, so der Referent Reinhard Schaupp vom Arbeitskreis Politik und Gesellschaft bei einer Veranstaltung der Europa Union zur Wahl des europäischen Parlaments.

Das „reaktionär nationalpolitische Denken und Handeln“ ist weltweit und auch in Europa auf dem Vormarsch. Auch die islamistische Terrorgefahr ist nach der territorialen Ausschaltung des IS nicht gebannt. Im Rahmen einer asymmetrischen Kriegsführung sind besonders die aus Sicht des IS verweichlichten, dekadenten, liberalen Staaten der Europäischen Union bevorzugte Ziele für Terrorakte. Nach Meinung des Referenten speisen sich Islamismus und die Renaissance nationalstaatlichen Denkens aus einer ähnlichen politischen Psychologie. Beide befriedigen rücksichtslos bei den durch die Moderne verunsicherten Menschen die Sehnsucht nach einer Gruppenidentität, profitieren davon, dass im Zeitalter der Aufklärung zu einseitig auf die Kräfte des Verstands vertraut und die Gefühlslage der Menschen vernachlässigt wurde.

Als weitere Gefahrenpotenziale nannte Schaupp die drohende atomare Nachrüstung, die sich anbahnende Klimakatastrophe, die zunehmend Macht von Big-Data, die weltweiten Migrationsbewegungen und die Instabilität der Finanzmärkte. Die weltweite Schuldenlast beträgt nach einem Bericht des Weltwirtschaftsforums gegenwärtig 225% des globalen Bruttoinlandsprodukts und ist damit höher als vor der letzten Finanzkrise. All diese Probleme lassen sich nicht mit einer nationalstaatlichen Politik lösen. Sie benötigen vielmehr eine multinationale Kooperation und machen die herausragende Bedeutung der Europäischen Union als Teil der Problemlösungen deutlich. Deshalb sei es wichtig, dass bei den Wahlen im Mai die proeuropäischen Kräfte gestärkt und den Parteien die mit einem „Dexit“ und einer Zerschlagung der europäischen Institutionen liebäugeln vom Wähler eine klare Absage erteilt werde.

Eine bundesweite Umfrage des Emnid Instituts zeige: Vielen Bürger erleben zwar die Errungenschaften der europäischen Gesetzgebung, bringen sie aber nicht im Zusammenhang mit der EU. Als Beispiele nannte Schaupp: Das Aus bei den Roaminggebühren, das Widerrufsrecht beim Onlinehandel, die Entschädigung bei Verspätungen im Flug- und Bahnverkehr, den Verbraucherschutz durch hohe Sicherheitsstandard, das Verbot unlauterer Geschäftspraktiken.

Die Erhebungen des Eurobarometers zeigen, dass 62 % der europäischen Bürger die Mitgliedschaft ihres Landes in der EU positiv beurteilen. Mit 81% ist die Zustimmung in Deutschland besonders hoch, es sind die höchsten Werte seit einem Vierteljahrhundert.Woran liegt das? Gerade die Krisen haben laut Schaupp die EU populärer gemacht. Die Zitterpartie führt den Wert und die stillschweigenden Leistungen der Union allen Skeptikern eindrucksvoll vor Augen. „Ein uralter Reflex, bei einer Bedrohung muss man zusammenstehen“, so der Referent in seinem Schlusswort.

Der Kreisverband der Europa Union wird im Vorfeld der Wahlen zum Europäischen Parlament weitere Aktionen durchführen. Am 4. Mai findet im Alten Kaufhaus in Hammelburg eine zentrale Diskussionsveranstaltung mit Vertretern der politischen Parteien statt, am 5. Mai in Zusammenarbeit mit dem TV/DJK eine Fahrradtour durch Teile des Altlandkreises mit einer Abschlusskundgebung auf der Saaleinsel.